Studien zur „Boutiquenprämie“: Wo spezialisierte Manager Vorteile ausspielen

Zwei aktuelle Studien zeigen: Boutique-Asset-Manager erzielen in bestimmten Marktsegmenten risikoadjustierte Mehrrenditen. Neben empirischen Ergebnissen identifizieren die Analysen auch strukturelle Erfolgsfaktoren – etwa schlanke Entscheidungswege, Spezialisierung und ein starkes Kundenalignment. Research | 17.06.2025 12:30 Uhr
© e-fundresearch.com / Canva
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Empirische Analyse zeigt Outperformance in ausgewählten Segmenten

Bereits 2022 veröffentlichte Professor Andrew Clare gemeinsam mit der Group of Boutique Asset Managers (GBAM) die erste umfangreiche Untersuchung zur sogenannten „Boutiquenprämie“. Die quantitative Studie analysierte über 780 Fonds aus 120 Asset-Managern und stellte fest: Boutique-Fonds erzielten in vier von fünf Kategorien – darunter europäische Mid/Small Caps und Global Emerging Markets – risikoadjustierte Mehrrenditen zwischen 0,56% und 1,04% jährlich. Die Analyse berücksichtigte dabei regionale und stilistische Faktoren sowie Größeneffekte.

Strukturelle Erfolgsfaktoren: Was Boutique-Manager unterscheidet

Im Juni 2025 folgte eine qualitative Erweiterung dieser Analyse: The Case for Boutiques, ebenfalls unter Leitung von Clare, entstand in Zusammenarbeit mit der Independent Investment Management Initiative (IIMI). Befragt wurden 87 überwiegend europäische Boutique-Manager. Die Ergebnisse liefern ein differenziertes Bild darüber, welche Eigenschaften Boutiquen von größeren Wettbewerbern unterscheiden – und potenziell zu ihrer Outperformance beitragen.

Im Zentrum stehen vier zentrale Erfolgsfaktoren:

  1. Unabhängigkeit: Die meisten Boutiquen sind eigentümergeführt oder von Partnern kontrolliert. Entscheidungen können unabhängig von Konzernvorgaben getroffen werden, was schnelle Anpassungen in Portfolios und Strategien ermöglicht. Auch strategische Weichenstellungen, etwa im Hinblick auf ESG-Integration oder Markteintritte, erfolgen flexibler.
  2. Fokussierung: Boutique-Manager decken meist ein klar abgegrenztes Universum ab – sei es regional oder stilistisch. Diese Spezialisierung erlaubt tiefere Marktkenntnisse, ein fokussiertes Research-Setup und eine konsequente Umsetzung des Investmentprozesses. Während größere Anbieter häufig breite Produktpaletten vorhalten, bleiben Boutiquen bei ihrem Kernansatz.
  3. Kundenalignment: Viele Boutiquen nutzen erfolgsabhängige Gebührenmodelle und sind selbst signifikant in die eigenen Fonds investiert. Dieses Alignment mit Investoreninteressen wird in der Studie als zentraler Anreizmechanismus hervorgehoben. Zudem steht häufig nicht das Volumenwachstum, sondern die Wertentwicklung im Vordergrund – was insbesondere bei begrenzt skalierbaren Strategien von Vorteil sein kann.
  4. Agilität: Aufgrund flacher Hierarchien und direkter Kommunikationswege innerhalb kleiner Teams können Entscheidungen schneller und effektiver getroffen werden. Gerade in volatilen Marktphasen oder bei besonderen Opportunitäten kann diese Schnelligkeit ein klarer Vorteil gegenüber trägeren Großorganisationen sein.

Zusätzlich wurde in der Studie betont, dass Mitarbeiter in Boutique-Strukturen tendenziell länger im Unternehmen verweilen – ein Aspekt, der zur Kontinuität im Investmentprozess und zur Stabilität von Portfoliomanagement-Teams beiträgt. Auch dies kann laut den Autoren zur konsistenten Performance beitragen.

Internationale Relevanz und eingeschränkte Marktdurchdringung

Während die IIMI stark auf britische Marktteilnehmer fokussiert ist, verweist GBAM auf die globale Dimension der Ergebnisse. Die Organisation zählt Mitglieder aus Europa, Asien und Nordamerika und argumentiert, dass die beobachteten Vorteile unabhängig vom Marktumfeld bestehen. Dennoch seien Boutique-Manager auf Plattformen und im institutionellen Auswahlprozess weiterhin unterrepräsentiert – u. a. wegen Skalennachteilen, Vertriebsbarrieren und eingeschränkten Allokationskapazitäten.

Tim Warrington, Chairman von GBAM, wird in der Mitteilung mit dem Hinweis zitiert, dass „Boutiquen einen Premium gegenüber ihren größeren Wettbewerbern liefern können“, dies jedoch „in der Plattform- und Beratungspraxis bislang zu wenig berücksichtigt wird“. In einer zunehmend konsolidierten Branche sei es notwendig, die Rolle spezialisierter Manager neu zu bewerten.

Kritische Einordnung: Studien mit Nähe zur Branche

Kritisch anzumerken ist, dass beide Studien im Umfeld von Interessenvertretungen für Boutique-Vermögensverwalter entstanden sind: Die quantitative Analyse wurde von der Group of Boutique Asset Managers (GBAM) finanziert, die qualitative Erhebung gemeinsam mit der Independent Investment Management Initiative (IIMI) durchgeführt. Zwar erfolgte die wissenschaftliche Begleitung durch Professor Andrew Clare und die Methodik wurde transparent offengelegt – dennoch sollten die Ergebnisse vor dem Hintergrund der Auftraggeberstruktur eingeordnet werden.

Fazit: Hinweise für Allokationsentscheidungen

Für Investoren bleibt die zentrale Erkenntnis: In bestimmten Marktsegmenten können spezialisierte, fokussierte Manager strukturelle Vorteile realisieren. Die Kombination aus unternehmerischer Eigenständigkeit, schlanken Entscheidungswegen und erfolgsorientierten Vergütungsmodellen kann zu erhöhter Performance führen. Die Studien liefern hierzu interessante empirische Anhaltspunkte – vorausgesetzt, ihre Herkunft wird bei der Interpretation berücksichtigt.

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