Nach der EZB-Ratssitzung im September wurde die Notenbank dann den Erwartungen gerecht. Die Leitzinsen wurden weiter gesenkt und man plant wieder Wertpapierkäufe, nachdem die Notenbankbilanz zwei Jahre lang geschrumpft war. Die Aktienmärkte werden zwar die Fed als Stütze verlieren, aber in der EZB eine neue Stütze gewinnen. Wie schon früher dürften die reichliche Liquiditätszufuhr und die lockere Geldpolitik auch in Zukunft günstig für die Märkte sein.
Europa am Scheideweg
Unterdessen ist die Inflation in Europa kontinuierlich zurückgegangen. Italien und Spanien befinden sich bereits in der Deflation, und in Deutschland liegt die Teuerung kaum über 1 %. Auch das Wirtschaftswachstum lässt weiter nach. Italien ist wieder in der Rezession; Deutschland, die größte Volkswirtschaft des Euroraums, schwächelt und in Frankreich ist die Lage so schlecht, dass eine Kabinettsumbildung unausweichlich schien. Und zu allem Überfluss leidet kaum eine Volkswirtschaft so stark unter dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wie der Euroraum.
Die schwache Konjunktur und die Aussicht auf weiteres Quantitative Easing haben die europäischen Anleiherenditen weiter zurückgehen lassen. In Deutschland sind die Zehnjahresrenditen unter 1 % gefallen und damit so niedrig, wie man es eigentlich nur aus Japan kennt. Die italienischen und die spanischen Renditen liegen unter den amerikanischen, die ihrerseits unter 2,5 % gefallen sind. Wenn selbst dies die Konjunktur nicht antreibt, fragen wir uns schon, was zusätzliche Staatsanleihekäufe ausrichten können. Möglicherweise kann die EZB aber mehr erreichen, wenn sie sich auf die Privatwirtschaft konzentriert, versucht, das Bankensystem in Ordnung zu bringen und die Kreditvergabe wieder in Gang zu setzen.