Nach dem Schock: Fondsmanager & Strategen diskutieren die Perspektiven für Japan-Aktien (Teil 2/2)

Funds | 30.08.2024 10:00 Uhr
© e-fundresearch.com
© e-fundresearch.com

Japan-Aktien im Fokus: Zwischen starker Erholung und neuer Volatilität – Wie geht es weiter?

Der japanische Aktienmarkt verzeichnete in der ersten Hälfte des Jahres 2024 eine bemerkenswerte Performance und erreichte mehrjährige Höchststände. Anfang August folgte jedoch ein historischer Einbruch von über 12% innerhalb eines Tages, ausgelöst durch die Normalisierung der Geldpolitik der Bank of Japan und externe wirtschaftliche Unsicherheiten. Trotz dieses Rückschlags erholte sich der Markt schnell wieder, und die Indizes legten in den Tagen darauf kräftig zu. Wie geht es nun weiter?

Um diese Frage zu beantworten, hat die e-fundresearch.com Redaktion eine Umfrage gestartet und die Meinungen ihres internationalen Expertennetzwerks eingeholt.

Unsere Fragestellung an Fondsgesellschaften

Wie bewerten Sie die aktuelle Marktlage in Japan? Sehen Sie den jüngsten Volatilitätsanstieg bei Japan-Aktien als Warnsignal oder als attraktive Einstiegschance? Welche Anpassungen nehmen Sie in Ihrer Asset Allocation vor?

Zum Navigieren innerhalb der Zitatgalerie können auch die Pfeiltasten ← → eingesetzt werden, auf Mobilgeräten können Sie nach Belieben "swipen":

Joël Le Saux, Fondsmanager des Eurizon Fund - Sustainable Japan Equity, Eurizon
© Eurizon

Joël Le Saux, Fondsmanager des Eurizon Fund - Sustainable Japan Equity, Eurizon

Derzeit notiert der Markt nur wenige Prozentpunkte unter dem Niveau vor der Straffungsentscheidung der Bank of Japan. Seit dieser unerwarteten geldpolitischen Wende sind die Mega-Caps - vor allem die multinationalen Unternehmen - überwiegend im gleichen Maße wie die Large- und Mid-Caps gefallen. Dies ist insofern bemerkenswert, da ihre Erträge relativ sensibel auf den Yen reagieren und ihre Bewertung hoch ist. Im Gegensatz dazu sind die Aktienkurse von Large- und Mid-Caps attraktiv, weil ihre Geschäftsbereiche eher im Inland angesiedelt sind, d.h. nicht so stark von Wechselkursschwankungen beeinflusst werden, aber auch weil sie zu attraktiven Bewertungen gehandelt werden. Sie werden mit dem höchsten Kurs-Buchwert-Abschlag gegenüber den Mega-Caps seit über zwei Jahrzehnten gehandelt.
Jean-François Chambon, Fondsmanager des Ofi Invest ISR Actions Japon Fund, Ofi Invest Asset Management
© Ofi Invest AM

Jean-François Chambon, Fondsmanager des Ofi Invest ISR Actions Japon Fund, Ofi Invest Asset Management

Die kürzliche harte Korrektur des japanischen Aktienmarktes an einem einzigen Tag hat den Anlegern vor Augen geführt, welches Ausmaß an Volatilität mit der geldpolitischen Normalisierung in Japan und dem global unsicheren Marktumfeld verbunden sein kann. Die schnelle Erholung der Börse spiegelt jedoch das starke Vertrauen in die Wirtschaft Japans wider.

Der Markt befindet sich nun in einer Übergangsphase, in der sich hohe Unternehmensgewinne und ein schwächeres Wachstum der Weltwirtschaft die Waage halten. Die graduelle Erhöhung der Zinsen durch die Bank of Japan ist zwar beunruhigend, signalisiert aber, dass die japanische Wirtschaft nach Jahren der Deflation in eine neue Ära eintritt.

Was die Vermögensallokation anbelangt, so bleiben japanische Aktien attraktiv, da die Bewertungen im Vergleich zu den globalen Konkurrenten niedrig sind und das Potenzial für weitere Reformen auf Ebene der Unternehmensführung besteht. Die jüngsten Turbulenzen bieten eine Gelegenheit, das Engagement in Japan zu erhöhen – insbesondere in Sektoren, die von der inländischen Erholung und der internationalen Nachfrage profitieren.
Christian Wahlmüller, Portfoliomanager, Kepler Fonds KAG
© Kepler Fonds KAG

Christian Wahlmüller, Portfoliomanager, Kepler Fonds KAG

Der japanische Markt hat die kurz- und heftig ausfallgefallenen Rücksetzer noch nicht gänzlich verdaut. Der Nikkei 225 notiert noch etwas tiefer bzw. die Marktvolatilität ist noch höher als vor den Kursrückgängen. Nach solch außergewöhnlichen Abwärtsbewegungen jedoch keine Seltenheit. Wir sehen dieses Event als temporär an, an unserer langfristigen Ausrichtung und positiven Einschätzung hat sich daher nichts verändert. Die japanische Wirtschaft war etwa drei Jahrzehnte in einem deflationären Umfeld gefangen, welches japanische Unternehmen weniger im Inland investieren ließ. Durch die Rückkehr der Inflation sowie durch den starken Arbeitsmarkt ist mit einem nachhaltig stärkeren Konsum und mehr inländischen Investitionen zu rechen. Die im internationalen Umfeld dennoch äußerst niedrigen Leitzinsen sowie der schwache Yen wirken weiterhin günstig aus Unternehmensperspektive. Zu guter Letzt führen Unternehmen zunehmend mehr Kapital an die Aktionäre zurück, indem Dividendenausschüttungen erhöht und/oder verstärkt Aktienrückkäufe durchführt werden. Nicht unbedingt die schlechteste Ausgangslage für Investments.
Philippe Denef, Head of Quantitative Equity & Asymetric Management, DPAM
© Degroof Petercam Asset Management (DPAM)

Philippe Denef, Head of Quantitative Equity & Asymetric Management, DPAM

Die rasche Erholung nach dem historischen Einbruch könnte darauf hindeuten, dass das Vertrauen der Anleger – u.a. dank guter Unternehmensgewinne und positiver Wirtschaftsindikatoren – weiterhin robust ist.

Die Bank of Japan ist für vorsichtige und schrittweise Zinsanpassungen bekannt. Die Zinserhöhung, die den Einbruch auslöste, kam ebenfalls nicht völlig unerwartet. Der genaue Zeitpunkt und das Ausmaß dürften einige Anleger dennoch überrascht haben. Aus diesem Grund ist die Volatilität am japanischen Markt eher ein vorübergehender Rückschlag als ein langfristiges Problem.

Der Absturz Anfang August bot Gelegenheit, von einer Überreaktion zu profitieren, die eher technisch als fundamental bedingt war. Jetzt, da der größte Teil des Rückschlages aufgeholt ist, ist eine neutralere und geduldigere Haltung angebracht, solange die Vola hoch bleibt und die Zentralbanken ihre Zinspolitik normalisieren. Langfristig gesehen ist der Markt günstig, für Faktoren und Stile besser geeignet, die von höheren Zinsen und Inflation profitieren, und die Fundamentaldaten haben sich verbessert. Nach langer US-Outperformance bieten Aktien aus dem Rest der Welt, inkl. Japan, womöglich bessere Erwartungen.
Daniel Hurley, Portfoliospezialist, T. Rowe Price
© T. Rowe Price

Daniel Hurley, Portfoliospezialist, T. Rowe Price

In Japan bestehen die größten Unsicherheiten in der Makroökonomie und im USD-Yen-Wechselkurs. Aktien werden nach der Aufwertung des Yen einen Großteil ihrer Gewinne wieder abgeben. Die erste Zinserhöhung ist jedoch positiv. Höhere Zinsen dürften den Unternehmergeist wecken und Innovationen fördern. Die Corporate Governance dürfte sich verbessern, da Investoren künftig bessere Aktionärsrenditen und Aktienrückkäufe fordern werden, anstatt sich mit der unterdurchschnittlichen Performance von Überkreuzbeteiligungen zufrieden zu geben. Bei einem Ertragspotenzial von 8-10% & weiteren 3-4% aus Aktienrückkäufen und Corporate-Governance-Reformen ist eine Gesamtrendite von 11-12% bei den Bewertungen und Multiplikatoren eine ziemlich gute Ausgangsbasis für japanische Aktien bei den aktuellen Bewertungen und Multiplikatoren von Anfang August. Ein Teil dieser Rendite ist aber darauf zurückzuführen, dass japanische Investoren in die „Magnificent 7“ und in KI-Aktien investiert haben. Bleibt abzuwarten, wie die japanische Wirtschaft mit der plötzlichen Yen-Aufwertung umgeht und ob dies die Inflation dämpfen wird. Wir erwarten daher keine rasche Veränderung der Renditedifferenz, die Fundamentaldaten sehen inzwischen wieder etwas ausgewogener aus.
Louise Dudley, Senior Portfolio Manager für Global Equities, Federated Hermes Limited
© Federated Hermes Limited

Louise Dudley, Senior Portfolio Manager für Global Equities, Federated Hermes Limited

Die Kurseinbrüche im August erwiesen sich als flüchtig, was der schnelle Wiederanstieg des Nikkei auf sein Vor-Niveau belegt. Die Volatilität spiegelte weniger die Performance japanischer Aktien wider, sondern war Ausdruck makroökonomischer Unsicherheiten, insbesondere durch einen stärkeren Yen und schwächeres US-Verbrauchervertrauen.
Zwar könnte ein stabiler Yen den exportlastigen Nikkei belasten, doch wir erwarten, dass Japans hohe Staatsverschuldung die Zinserhöhungen begrenzt und die Bank of Japan die Exportwirtschaft mit vorsichtiger Geldpolitik unterstützt. Eine verantwortungsvolle Zinserhöhung könnte ein stabiles Umfeld für das Wachstum japanischer Unternehmen schaffen.
Kurzfristige Volatilität bleibt möglich, vor allem im Hinblick auf eine erwartete Zinserhöhung, die den USD/Yen-Kurs beeinflussen könnte. Dennoch sehen wir als langfristige Investoren attraktive Kaufgelegenheiten in Japan. Unsere positive Einschätzung des Marktes bleibt unverändert, da wir glauben, dass Qualitätsunternehmen sich dynamisch an den Strukturwandel anpassen werden. Fundamentaldaten und die strategische Ausrichtung bleiben der Kern unserer Investmentthesen.
Shunsuke Sean Park, Fondsmanager des BNP Paribas Japan Small Cap, BNP Paribas Asset Management
© BNP Paribas Asset Management

Shunsuke Sean Park, Fondsmanager des BNP Paribas Japan Small Cap, BNP Paribas Asset Management

Nach dem Crash hält die Volatilität an Aktien- und Geldmärkten vorerst an. Die Bank of Japan hat ihre Haltung zur geldpolitischen Straffung revidiert und der Markt erholt sich allmählich wieder. Und auch wenn es zu weiteren Zinserhöhungen kommt, bleiben Japans Finanzmärkte akkommodierend. Anleger sollten dennoch die makroökonomischen Bedingungen und die Yen-Wechselkurse im Auge behalten. Da die Fundamentaldaten der Unternehmen jedoch stabil sind, bleiben wir langfristig optimistisch.

Nach der Neubewertung japanischer Aktien sehen wir jetzt eine gute Gelegenheit, in unterbewertete Qualitätsunternehmen mit Potenzial für Gewinnsteigerung zu investieren. Zwar belastet die Yen-Aufwertung den Markt und die Korrelation zwischen Aktienperformance und USD/JPY-Wechselkurs hat sich bestätigt. Die Sorge, dass ein starker Yen die Erträge exportgetriebener Unternehmen beeinträchtigt und so den Markt schwächt, halten wir jedoch für übertrieben. Das hohe Lohnwachstum der letzten 30 Jahre stützt den Konsum, und wir erwarten ein starkes Wirtschaftswachstum und steigende Aktienrenditen, getrieben vom verarbeitenden Gewerbe. Daher halten wir japanische Aktien für vielversprechend.
Simon Morton-Grant, Client Portfolio Manager, Japan Equities, Columbia Threadneedle Investments
© Columbia Threadneedle Investments

Simon Morton-Grant, Client Portfolio Manager, Japan Equities, Columbia Threadneedle Investments

Die schwachen Gewinne im US-Tech-Sektor, weiche US-Arbeitsmarktdaten und die Auflösung der Yen-Carry-Trades verursachten eine erhebliche Volatilität. Dies führte zu Gewinnmitnahmen, und Panikverkäufe spekulativer Anleger verstärkten den Ausverkauf noch zusätzlich.

Im wahllosen Ausverkauf wurden auch solide japanische Unternehmen abgestraft. Die Volatilität übertraf die der COVID-Pandemie und der Finanzkrise von 2011 und ist eher mit der der globalen Finanzkrise vergleichbar. Das heutige Finanzsystem ist jedoch robust und es gibt keine Liquiditäts- oder Solvenzprobleme.

Wir sehen in der Volatilität langfristige Einstiegsmöglichkeiten. Wir hielten uns an unseren disziplinierten Anlageprozess und suchten attraktive Risiko-/Ertragschancen zu identifizieren und das Portfolio langfristig zu verbessern. Opportunistische Anleger könnten weiterhin Risiken abbauen. Fünf positive Faktoren machen den japanischen Aktienmarkt jedoch weiterhin spannend: geringe Verschuldung, niedrige Zinsen und Bewertungen, ein geringes Engagement von Privatinvestoren am Aktienmarkt sowie eine geringe Reformwahrscheinlichkeit. Und auch die mittel- bis langfristigen Fundamentaldaten Japans finden wir überzeugend.
Salah-Eddine Bouhmidi, Head of Markets, Online-Broker IG
© IG

Salah-Eddine Bouhmidi, Head of Markets, Online-Broker IG

Der japanische Aktienmarkt bleibt weiterhin eine interessante Diversifikationskomponente in der Asset-Allokation. Die jüngsten Verwerfungen und die damit einhergehende Volatilität sind meiner Meinung nach noch nicht überwunden, auch wenn wir derzeit eine starke V-förmige Erholung im Nikkei 225 beobachten. Der Dollar-Yen Carry-Trade, die japanische Geldpolitik und weltweite Rezessionssorgen könnten den Nikkei im September erneut unter Druck setzen. Kurzfristig sehe ich jedoch weiteres Erholungspotenzial im letzten Quartal. Mittelfristig dürften neue Verlaufshochs gebildet werden. Charttechnisch könnten kurzfristig neue Kaufsignale ausgelöst werden, wenn der Bereich um die 39.500 Punkte nachhaltig überwunden werden kann.

Dies ist Teil 2 von 2 unserer Japan-Umfrage. Teil 1 wurde vergangenen Dienstag, den 27. August hier auf e-fundresearch.com veröffentlicht.

Weitere aktuelle e-fundresearch.com Umfragen:

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.