Jörg Held, Head of Portfolio Management, ETHENEA Independent Investors S.A.
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
Unsere Übersetzungen und die flexible Allokation in bevorzugte Assetklassen haben sich 2024 erneut ausgezahlt. Zwei zentrale Erkenntnisse:
1. Entscheidend ist eine klare Meinung und sich nicht von polarisierenden Narrativen oder kurzfristigen Marktsentiments ablenken zu lassen. Die Treue zu unseren Makro-Thesen war ein Erfolgsfaktor.
2. Der Schlüssel ist, geduldig zu sein und aktiv zu handeln, wenn die Zeit reif ist.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
Wir sind bullish.
Als defensiver, zinsorientierter Asset Manager halten wir ca. 60 % des Portfolios in ausgewählten globalen Anleihen hoher Qualität. Die US-Duration ist bewusst länger als die im EU-Raum.
Unser Aktienanteil liegt über dem historischen Durchschnitt mit Fokus auf den US-Markt. Europa ist günstiger bewertet, es fehlen Impulse und Einigkeit.
China bleibt abhängig von den US-Zöllen. Für uns ist die chinesische Wirtschaft weiterhin nicht investierbar.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Unser Szenario eines US-Softlandings bleibt bestehen. Wir gehen davon aus, dass die ersten Maßnahmen des neuen Präsidenten nicht inflationär wirken. Da wir die längerfristigen US-Zinsen für zu hoch erachten, halten wir eine höhere US-Duration als unsere Mitbewerber. Die hohen Zinsen bremsen die Wirtschaft und wirken dämpfend auf die Nachfrage, ebenso wie der zu starke US-Dollar. Wir erwarten, dass der neue US-Präsident versuchen wird, diesbezüglich Einfluss auf die Zentralbank zu nehmen.
Des Lawrence, Senior Investment Strategist, State Street Global Advisors
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
Globale Aktienmärkte erzielten deutliche Kursgewinne, vor allem US-amerikanische Large- und Mega-Cap-Aktien trotz hoher Bewertung. Performancedivergenz war auffällig: Small-Caps blieben zurück, Industrieländer übertrafen Schwellenländer, Unternehmensanleihen schnitten besser ab als Staatsanleihen. Gold brachte europäischen Anlegern starke Renditen (~30 %), Rohstoffe enttäuschten. Die divergierende Performance erschwerte taktische Allokationen, während Momentum und Geopolitik Märkte dominierten.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
In unseren taktischen Asset-Allocation-Mandaten halten wir eine moderate Übergewichtung in Aktien. Dies zeigt sich in US-amerikanischen Large und Small-Cap-Unternehmen und Aktien aus Schwellenländern, während wir in Europa, im asiatisch-pazifischen Raum und in Real Estate Investment Trusts (REITs) untergewichtet sind. Wir halten an einer moderaten Übergewichtung in Gold und Barmitteln fest, wobei wir eine deutlichere Untergewichtung in breiten festverzinslichen Wertpapieren vornehmen.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Aufgrund ihrer überlegenen Rentabilität und ihres Gewinnwachstums bevorzugen wir weiterhin US-amerikanische Large-Cap-Aktien. Wir sehen aber auch Potenzial in den Schwellenländern (vorzugsweise Small-Cap-Emerging Markets). Dies erfordert jedoch wahrscheinlich einen Katalysator in Form eines schwächeren US-Dollars, um den Wert der Emerging-Markets-Gewinne und der inländischen Wachstumsdynamik freizusetzen.
Aron Pataki, Co-Portfoliomanager des BNY Mellon Global Real Return Fund, Newton, Teil von BNY Investments
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
KI war 2024 ein Schwerpunktthema. Allerdings wurde bereits beträchtlich in KI investiert. Nun besteht das Bestreben, sie zu Geld zu machen. Es gibt das Risiko, dass der Markt in Bezug auf die Erwartungen vorschnell gehandelt hat, was sich in überzogenen Kurs-Gewinn-Multiplikatoren widerspiegelt. Die Goldgräbermentalität, mit der die Investitionen in die Höhe getrieben werden, könnte bei einigen Unternehmen zu einem Absturz führen, wenn sie keine erhöhte Nachfrage verzeichnen.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
Infolge des inflationäreren Umfelds werden Anleihen im Jahr 2025 wahrscheinlich nicht mehr so dominant sein. Eine Diversifizierung wird erforderlich. Wir sind selektiv bei Rohstoffen, insbesondere Gold, das sich selbst überholt hat, so dass wir unser Engagement reduziert haben. Wir bevorzugen Kupfer als Nutznießer des grünen Wandels, des Elektroauto-Trends und des Einsatzes in Rechenzentren. Wir favorisieren auch Silber, das bei der Bewertung mit Gold gleichzieht.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Die USA ist der einzige Akteur, der seine Ausnahmestellung beibehält, wogegen China und Europa mit Herausforderungen zu kämpfen haben. Während jedoch der Konsens für eine „weiche Landung“ der USA im Jahr 2025 gilt, stellt das Wiederaufleben der Inflation ein wachsendes Risiko dar. Es besteht eine größere Gefahr für die USA in einer „Nicht-Landung“ mit der Möglichkeit eines Überschießens der Inflation. Die Zinsen könnten länger oben bleiben, was eine Erholung des US-Immobilienmarktes im Jahr 2025 behindern würde.
Nicolai Austein, stellvertretender Leiter Fundamentales Multi Asset, Metzler Asset Management
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
Das Kapitalmarktjahr war trotz allem außerordentlich positiv. Herausfordernd war, als diskretionärer Manager die subjektive Wahrnehmung der Risikofaktoren nicht zu stark zu gewichten – also in keine zu defensive Aktienpositionierung zu gehen. Eine vom Investor gewählte strategische Asset-Allokation ist hierbei ein guter Anker. Diese sollte der Investor langfristig durchhalten und dabei gewöhnliche Drawdowns zulassen. Ein Verzicht auf starke Timing-Aktivitäten ist sicherlich eine Erkenntnis aus den vergangenen Jahren.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
Gegenüber unseren strategischen Quoten setzen wir in den Multi-Asset-Strategien auf eine leicht erhöhte globale Aktienquote sowie eine taktisch kürzere Duration – insbesondere bei US-Anleihen. Eine leicht erhöhte Goldquote soll der anhaltenden geopolitischen Unsicherheit sowie der Schuldenthematik Rechnung tragen. Darüber hinaus kann es im Kontext der neuen US-Regierung zu Inflationsüberraschungen kommen, weshalb uns eine strategische Beimischung inflationsgeschützter Anleihen sinnvoll erscheint.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Mit Blick auf den eingepreisten Zinssenkungspfad sind wir etwas skeptischer als der Markt. Hier sehen wir Überraschungspotenzial. Bei aller Euphorie um US-Aktien sollte man den europäischen Markt nicht aus den Augen verlieren. Eine starke konträre Positionierung zum Beispiel bei US-Aktien halten wir dennoch nicht für sinnvoll, denn Bewertung ist kein guter Timing-Indikator. Das Credo bleibt: Eine breit aufgestellte Allokation ist die beste Absicherung gegen kurzfristige Marktvolatilitäten.
Daniel Kerbach, Chief Investment Officer, Head Investment Management BayernInvest, BayernInvest
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
Einerseits entwickelte sich die Konjunktur deutlich besser als von vielen gedacht. Hier waren die Kapitalmärkte zu pessimistisch. Andererseits war der Markt zu optimistisch was das Tempo und das Ausmaß der Zinssenkungen betraf. Wir haben dagegen früh erkannt, dass die Notenbanken hier langsamer vorgehen werden. Insgesamt haben sich unsere Erwartungen 2024 weitgehend erfüllt. Insbesondere Wachstumsaktien und US-Aktien zeigten eine starke Performance, obgleich sie als zu teuer betrachtet wurden.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
Wir starten leicht offensiv in das neue Jahr, haben das Risiko aber bereits moderat reduziert und Gewinne realisiert. Die Aktienquote wurde auf neutral gesenkt und mit langlaufenden Put-Optionen für 2025 profitieren wir von der aktuell niedrigen impliziten Volatilität. Unser Portfoliorisiko bleibt leicht positiv, unterstützt durch ausgewählte Unternehmensanleihen sowie Aktien und Anleihen aus Schwellenländern sowie alternative Anlagen für zusätzliche Rendite und stärkere Diversifikation.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Wir sehen Schwellenländer und Europa nicht ganz so pessimistisch. Chinas Fiskalimpulse könnten die asiatischen Emerging Markets insgesamt stärken. In Deutschland könnte eine Lockerung der Schuldenbremse, in Frankreich Strukturreformen Chancen eröffnen. Überraschungspotential bieten auch Staatsanleihen: Konjunkturelle Probleme könnten diese wieder attraktiver machen. Zudem könnte ein Anstieg der langfristigen Zinsen etwa bei weiter steigender Verschuldung und hartnäckiger Inflation den Markt beeinflussen.
Cedric Baron, Head of Asset Allocation Products, Active Management, Generali Asset Management (Teil von Generali Investments)
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
Der wichtigste Faktor war der Rückgang der Inflation nach zwei Jahren starken Anstiegs und die damit verbundene Zinssenkung. Die Wahl von Trump ließ die Befürchtung aufkommen, dass sein Programm die Inflation anheizen und eine weitere Senkung der Leitzinsen gefährden könnte. Sollte das so sein, würde dies das Umfeld für Multi-Asset-Fonds schwieriger machen, da es zu einer positiven Korrelation zwischen Aktien- und Anleiherenditen kommen und die natürliche Diversifizierung zunichtemachen könnte.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
Wir glauben, dass das Jahr 2025 mit einigen fundamentalen Risiken starten wird. Dementsprechend beginnen wir das neue Jahr mit einer Übergewichtung in Aktien, um unserem Basisszenario zu entsprechen, aber auch mit einer Absicherung durch Optionsstrategien, um das von uns erwartete potenzielle Negativszenario zu vermeiden.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Trotz des schwierigen politischen Umfelds, der Gefahr zusätzlicher Zölle durch die Trump-Regierung und eines schwächeren Wachstums in den USA ist das Anlageumfeld in der Eurozone unserer Ansicht nach nicht so düster, wie viele Anleger glauben. Tatsächlich sind die Bewertungen viel attraktiver als in den USA, und einige Sektoren könnten ab 2025 eine Erholung der Aktivitäten einpreisen, vor allem die Automobil- und der Luxusgüterindustrie.
Dr. Anja Hochberg, Leiterin Multi-Asset-Solutions, Swisscanto
Ihre Learnings aus 2024: Was waren Ihre größten Erkenntnisse aus dem Kapitalmarktjahr 2024? Worin bestanden die größten Herausforderungen als Multi-Asset-investor?
Wir blicken auf ein überdurchschnittliches, aber unausgewogenes Multi-Asset Jahr zurück. Dabei hat die US-Dominanz zwar zu einer Einschränkung der taktischen Möglichkeiten und teilweise auch des Stock-Pickings geführt. Gleichwohl haben kurzfristige Calls, z.B. Kauf von Gold im Februar und Verkauf Ende März oder Kauf und Verkauf von US-Banken im November Mehrwert erzielen können. Für den Schweizer Markt haben sich mit dem erneuten Nullzinsniveau besondere Herausforderungen auf dem Rentenmarkt ergeben.
Strategie für den Jahresstart 2025: Gehen Sie mit angezogener Handbremse oder offensiv in das neue Jahr? Wie positionieren Sie sich im Vergleich zu Ihrem langfristigen Allokationsdurchschnitt?
Das konstruktive makroökonomische Umfeld dürfte weiter Bestand haben und bei sich (vorerst) stabilisierender Inflation werden die Notenbanken die Zinsen weiter senken. Mit den hohen Unternehmensbewertungen ist allerdings die Performance-Latte für Aktien allerdings schon recht gross. Das gilt insbesondere für US large Caps im IT-Bereich. Wir gehen daher von moderateren Erträgen, einer sich normalisierenden Zinskurve, aber auch deutlich mehr Marktbreite aus.
Contrarian-Views für 2025: In welchen Bereichen widersprechen Sie dem Markt-Consensus und warum?
Aufgrund der erwarteten moderateren Erträge bei traditionellen Anlagen nutzen wir verstärkt die Vorteile von alternativen Anlagen, z.B. Privat Equity. Bei Renten setzen wir auf eine Auffächerung der Anlageklasse und empfehlen die Beimischung von Cocos, Corporate Hybrid-Anlagen oder Schwellenländer-Obligationen. Die steigenden Marktbreite dürfte auch das Performance-Potenzial von Thematischen Anlagen in unseren Portfolios (z.B. Healthy Longevity, Digital Economy oder Circular Economy) beflügeln.
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