Was waren die wichtigsten Veränderungen/Entwicklungen in der heimischen und internationalen Fondslandschaft in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten?
Ich beziehe mich bei der Antwort auf die vergangenen 25 Jahre, seit denen KEPLER Fonds auf dem Markt sind. Produktseitig gab es eine extreme Zunahme an Fondstypen am internationalen und heimischen Fondsmarkt. Das Angebot umfasst heute neben den klassischen Aktien-, Renten- und Mischfonds spezifische Sektoren-, Regionen- und Themenfonds, nachhaltig gemanagte Portfolios sowie eine Vielzahl an passiven ETF-Varianten.
Auf regulatorischer Ebene drückte MiFID, die Einführung der Markets in Financial Instruments Directive, der Fondsbranche einen entscheidenden Stempel auf. Ziel war die Verbesserung von Transparenz und Anlegerschutz, was rückblickend im Großen und Ganzen gelungen ist. Die rechtlichen Anforderungen an Fondsgesellschaften sind aber mittlerweile schon enorm. Hinzu kam das Thema Nachhaltigkeit mit umfassenden neuen Vorschriften, die bei der Umsetzung sowohl die Fondsanbieter als auch die Kundenberater in den Vertriebseinheiten entsprechend fordern.
Marktseitig war unmittelbar nach unserer Firmengründung zunächst die DotCom-Blase 2000 eine extreme Herausforderung. Darauf folgten die Finanzkrise 2008, die Euro-Krise ab 2010, die Covid-Pandemie und die Teuerungswelle. Zuletzt haben leider vermehrt kriegerische Auseinandersetzungen die Fondsmanager weltweit beschäftigt. Ohne das humanitäre Leid hintan zu stellen, hat sich für uns als Vermögensverwalter über die vielen Jahre gezeigt, dass in den Krisen viele Chancen zu finden sind, die wir mit unserem tendenziell antizyklisch ausgerichteten Investmentansatz nutzen konnten. Wesentliche Unterstützung haben wir durch die seit 2009 bestehende Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Teodoro Cocca erfahren. Seine Expertise auf dem Gebiet der Behavioral Finance ermöglicht uns, extreme Stimmungen an den Kapitalmärkten festzustellen, die das Potenzial für Trendwenden haben. Unverändert geblieben ist unser Fokus auf die mittlere bis lange Frist, denn eine fokussierte Anlagestrategie gewährleistet langfristig die besten Anlageergebnisse.
Zu guter Letzt hat auch die Digitalisierung im Fondsgeschäft sehr vieles verändert. Aus unserer Sicht positiv, denn der Zugang zu Informationen, Services sowie der Kaufabschluss an sich wurden erheblich erleichtert. Hochmoderne Websites, Apps, digitale Anlagevarianten und Infotainment auf Social Media sind heute ein Muss, um als Fondsgesellschaft kompetitiv zu bleiben.
Mit welchen Themen/Veränderungen wird die Fondslandschaft in Zukunft konfrontiert sein?
Wenn man an die Zukunft denkt, kommt man auch in der Fondsbranche am Thema Künstliche Intelligenz nicht mehr vorbei. Die KI hat bei KEPLER bereits vor über einem Jahr Einzug gehalten. Wir berücksichtigen im Aktienfondsmanagement KI-Modelle, die Millionen von Datenpunkten analysieren und uns dabei helfen, Entwicklungen von Unternehmen präziser einzuschätzen. Entwickelt wurden diese Modelle in enger Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Hagenberg und Prof. Ulrich Bodenhofer. Die Zusammenarbeit hat sich bereits bewährt und wird weiter intensiviert. Die KI trifft bei uns aber keine selbständigen Anlageentscheidungen, da sie rein auf Daten aus der Vergangenheit trainiert ist. Im aktuellen Marktumfeld mit geopolitischen Krisen und wirtschaftlichen Unsicherheiten kombinieren wir bei KEPLER daher die Stärken des Menschen mit jenen der Künstlichen Intelligenz. Die Letztentscheidung bei der Titelauswahl trifft nach wie vor der Fondsmanager. Doch die KI wird nicht nur im Fondsmanagement ihren Platz erhalten. Die Anwendungsmöglichkeiten erstrecken sich sehr breit, beispielsweise vom Research bis hin zu maßgeschneiderten Informationslösungen für unsere Kunden. In der Entwicklung weiter fortgeschritten ist das Thema der Nachhaltigkeit. Dieses ist gekommen, um zu bleiben. Diesbezüglich hoffen wir auf klarere Regulierungen, um dieses wesentliche Thema noch zukunftsfitter zu machen. Und zuletzt eine nicht allzu gewagte Prognose: Die Investmentwelt wird diverser werden. Mehr Frauen, angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle auch mehr jüngere Mitarbeiter, zusätzliche Ausbildungen in Richtung KI, Nachhaltigkeit, Soziale Medien.
Was wäre notwendig, um das Anlageinstrument Investmentfonds gerade in Österreich noch beliebter zu machen?
Finanzielle Bildung ist die Trägerrakete der Fondsindustrie. Hauptziel unserer Kommunikationsmaßnahmen ist es daher, die Vorteile und Risiken von Fonds einer noch breiteren Bevölkerungsschicht zu vermitteln. Hier sehen wir auch bei unseren Mitbewerbern rege Aktivitäten. Wir bei KEPLER forcieren stark unsere digitalen Kanäle, um zum Beispiel über Newsletter, Erklärvideos und Social Media Beiträge Finanzwissen verständlich und kompakt in verschiedenen Zielgruppen zu platzieren. Benutzerfreundliche digitale Plattformen der Vertriebspartner ergänzen unsere Aktivitäten und erleichtern den Erwerb von Fonds immer mehr. Es tut sich also viel, um Investmentfonds noch mehr in den Fokus der Anleger zu rücken.
Wichtig wären jedoch auch steuerliche Anreize, um generell Wertpapiere in Österreich für die Anleger noch attraktiver zu machen. Im Hinblick auf die Altersvorsorge bieten gerade Investmentfonds dazu viele Möglichkeiten. Die regulatorischen Anforderungen für die Fondsanbieter bedürfen dabei aus unserer Sicht einer Vereinfachung, ohne den Anlegerschutz zu verwässern.
Uli Krämer ist CIO bei der KEPLER FONDS KAG.