Auch für die 45. der 46 letzten Wochen wurden Kapitalabflüsse aus europäischen Aktien in Höhe von 2,5 Mrd. US-Dollar gemeldet. Dabei sind die Märkte nach dem Börsenbeben im Dezember zum Jahresauftakt wieder in eine Phase der Aufwärtsdynamik eingetreten. Doch die Anleger nutzen diese Gelegenheit, um ihr Exposure in Risikoaktiva abzubauen. An Gründen, die eine Rezession befürchten lassen, fehlt es nicht: Shutdown, Beziehungstief zwischen China und den USA, Brexit, durchwachsene Konjunkturdaten für Europa ... Eine interessante Kennzahl zeigt, dass der Börsenindex für die beiden Sektoren europäische Banken und Automobilindustrie heute nur noch 2,5 % der weltweiten Börsenkapitalisierung ausmacht und damit auf seinen niedrigsten Stand seit 1995 sowie auf einen tieferen Stand als während der schweren Krise im Jahr 2008 gesunken ist.
Einige Wirtschaftszweige scheinen also den Zusammenbruch des Wirtschafts- und Finanzsystems bereits vorwegzunehmen. Andere sehen im Verlauf der amerikanischen Zinskurve die ersten Rauchzeichen, die eine Rezession in den USA ankündigen. Gewinnwarnungen (Société Générale, Kone, Continental, Ingenico etc.) veranlassen auch die Analysten, eine pessimistischere Haltung einzunehmen und ihre Prognosen für das Gewinnwachstum sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa zusammenzustreichen. Seltsamerweise, aber gar nicht selten (siehe das Jahr 2009) wendet sich das Kursmomentum just dann wieder ins Positive, wenn die Analysten ihre Einschätzungen nach unten korrigieren. Die konjunkturelle Abschwächung wurde von den Märkten bereits im letzten Quartal des vergangenen Jahres eingepreist. In Luft aufgelöst haben sich die Risiken freilich nicht.
Unterdessen hat Donald Trump sein Augenmerk auf eine neue Causa gelenkt: den Fall des letzten verbleibenden sozialpopulistischen Regimes (Venezuela). Seine Taktiken und seine Politik mögen zwar gefährliche Divergenzen und Spannungen säen, doch der POTUS ist auf starke Börsen und eine US-Wirtschaft in blendender Verfassung angewiesen, um 2020 wiedergewählt zu werden. So viel steht fest: Bis dahin werden wir ihn weiterhin aufmerksam im Blick behalten müssen.
Igor de Maack, Fondsmanager und Sprecher, DNCA