Für Axel Botte, Marktstratege des französischen Investmenthauses Ostrum Asset Management (einer Tochter von Natixis Investment Managers), ist die entscheidende Frage für die weitere Entwicklung der Finanzmärkte, ob es tatsächlich so etwas gibt wie einen Wendepunkt, an dem das Niveau der langfristigen US-Anleiherenditen den hektischen Anstieg der Aktienmärkte und den Trend zur Spread-Kompression gefährden könnte. Das FOMC-Protokoll vom Januar habe zumindest schon mal keine Änderungen im Tempo der Asset-Käufe angedeutet. Dennoch könnten die Finanzmärkte die Toleranz der Fed für höhere Inflation weiter testen.
Botte: „Früher oder später könnte Fed-Präsident Jerome Powell gezwungen sein, genauer zu sagen, was eine vorübergehende Überschreitung des sakrosankten Inflationsziels von 2 % für seine Politik bedeutet. Immerhin hat sich der Anstieg der Erzeugerpreise im Januar deutlich beschleunigt (+1,2 %), und viele Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes berichten von Engpässen und Spannungen in der Lieferkette. Die Immobilienpreise sind ebenfalls um etwa 10% gegenüber dem Vorjahr gestiegen, was für Millionen von Amerikanern ein Problem darstellen dürfte, sobald die Moratorien für Zwangsversteigerungen aufgehoben werden.
Im Zusammenhang mit der Wetterkrise in Texas ist die US-Ölproduktion ist in den letzten Tagen um ein Drittel zurückgegangen, während die Produktion erneuerbarer Energien ebenfalls mit Störungen zu kämpfen hat. Die Energiepreise sind in der Tat in die Höhe geschossen.
In diesem Kontext stieg die Rendite 10-jähriger US-Treasuries am Mittwoch auf ein Intraday-Hoch bei 1,33 %. Dies bedeutet die jüngste Beschleunigung nach oben in einer längeren Phase der Versteilerung der Renditekurve. Der 5s30s-Spread zwischen 5- und 30jährigen Anleihen überschritt die Marke von 150bp und handelt damit auf dem höchsten Niveau seit 2015.
Der Anstieg der Inflation ist nicht mehr der einzige Treiber für die Anleiherenditen. Es steigen auch die realen Renditen, die sowohl ein stärkeres Wirtschaftswachstum als auch die erwartete Verschlechterung der öffentlichen Finanzen widerspiegeln. Die Biden-Administration könnte den Großteil ihres Konjunkturprogramms im März durch den Kongress bringen, nachdem einige Änderungen, z. B. hinsichtlich der Erhöhung des Mindestlohns, vorgenommen wurden.