Herr Rolley, die traditionelle Absicherungsfunktion von US-Treasuries gerät zunehmend ins Wanken. Wie beurteilen Sie die Zukunft dieser Korrelation zwischen Aktien und Anleihen?
David Rolley: Ob US-Staatsanleihen künftig wieder als Absicherung gegen Aktienverluste funktionieren, hängt stark vom Charakter des nächsten Schocks ab. Bei nachfrageseitigen Rezessionen – wie wir sie bis 2019 überwiegend erlebt haben – funktionieren sie gut. Bei angebotsseitigen Schocks, wie dem inflationsbedingten Einbruch 2022, versagt diese Absicherung. Es ist also kein Paradigmenwechsel per se, aber ein komplexeres Umfeld, in dem man sehr genau hinschauen muss, was den nächsten Marktschock auslöst.
Wie reagieren Sie auf die jüngsten politischen Unsicherheiten – etwa durch neue Zollpolitik oder die wachsende geopolitische Instabilität?
Rolley: Wir sehen eine Art Käuferstreik bei US-Treasuries. Selbst bei Anzeichen für Zinssenkungen reagieren die Märkte nicht mehr wie erwartet. Die Ursachen sind vielfältig: Zölle wirken inflations- und wachstumsdämpfend zugleich, politische Unvorhersehbarkeit erhöht die geforderte Risikoprämie. Unsere Reaktion ist zweigeteilt: Wir reduzieren unsere USD-Allokation und erhöhen zugleich leicht die Duration in Erwartung rezessiver Tendenzen – aber nur bis zehn Jahre. Langläufer meiden wir angesichts der kritischen US-Fiskallage.
Welche Alternativen nutzen Sie aktuell zur Diversifikation, wenn Treasuries nicht mehr der verlässliche Anker sind?
Rolley: Unsere Antwort ist globale Diversifikation. Wir haben gezielt Positionen in Euro- und Yen-Anleihen aufgebaut – sowohl in entwickelten als auch in Schwellenländern. Zugleich rechnen wir mit einem langfristigen Re-Allokationstrend: weg vom übergewichteten US-Markt, hin zu einer breiteren Streuung weltweit. Denn auch wenn US-Treasuries nicht völlig ausfallen, sind sie nicht mehr der sichere Hafen früherer Jahre.
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