Während die Bundesregierung mitten in der Haushaltsdebatte über zusätzliche Kreditaufnahme für Klima- und Sozialprojekte steckt und Frankreich weiterhin zweistellige Defizite schreibt, mahnt Patrick Artus, Senior Economic Advisor beim französischen Asset Manager Ossiam AM, zum Umdenken: „Europa muss realwirtschaftlich noch mehr sparen.“ Trotz historisch hoher Sparquoten – 15,2% in der Eurozone (Q1 2025), 18,9% in Frankreich (Q2 2025) – seien die Ersparnisse unzureichend, um die gewaltigen Investitionsbedarfe in Transformation und Verteidigung zu finanzieren.
Artus verweist in seinem aktuellen Flash Economie auf Schätzungen des Draghi-Reports: Für Energiewende, Digitalisierung, Bildung und Verteidigung braucht die EU über zehn Jahre hinweg jährlich zusätzliche Investitionen von rund 800 Mrd. Euro, also 4,6% des BIP. Hinzu kommen wachsende Militärausgaben von rund 1% des BIP. Damit übersteigt der Kapitalbedarf die Leistungsbilanzmarge der Eurozone (+1,8% des BIP, Q1 2025) deutlich. Frankreich verzeichnet 2025 bereits ein leichtes Leistungsbilanzdefizit von –1% des BIP.
Um diese Lücke zu schließen, fordert Artus einen Paradigmenwechsel:
Haushalte müssten noch höhere Nettoersparnisse bilden – auch auf Kosten des Konsums.
Unternehmen sollten Ausschüttungen (Dividenden, Aktienrückkäufe) drosseln, um Investitionen zu stärken.
Staaten müssten Teile der laufenden Transferausgaben (Sozialschutz, Gesundheit) in produktive Investitionen umlenken.
„Die dringende Aufgabe ist nicht die Stimulierung des Konsums, sondern die Stimulierung der Investitionen“, so Artus. Die Politik dürfe ökonomischen Erfolg nicht länger an Kaufkraft und Konsumwachstum messen, sondern müsse Investitionen in Transformation und Resilienz priorisieren.
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