Die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine bringen endloses Leid für die Menschen mit sich. Und auch, wenn wir in Deutschland anderthalbtausend Kilometer entfernt sind, sind die Auswirkungen für uns spürbar, wenn auch Gottseidank bislang nur wirtschaftlich.
Durch den Krieg in der Ukraine haben sich viele Parameter verschoben: Explodierende Öl-, Gas- und Benzinpreise belasten die Haushalte und die Unternehmen. Die damit einhergehende Inflation steigt und steigt und steigt. Warenmangel, Lieferengpässe und steigende Transportkosten tun ihr Übriges dazu, dass die Inflation weiter befeuert wird. Die Lohnkostenspirale wird nicht lange auf sich warten lassen. Dass die Coronapandemie noch lange nicht vorbei ist und die Fallzahlen immer neue Höhen erreichen, fällt aus den täglichen Schlagzeilen schon seit einer ganzen Weile unter den Tisch.
Also – alles nur noch schlecht? Nein! Als Deutsche, mitten in Europa, sind wir dem Krieg in der Ukraine besonders nah. Dazu kommt die enorme Abhängigkeit von russischem Öl und Gas. Hier wurden in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Für deutsche Unternehmen ist das eine schwierige Lage – und damit auch für den Dax. Wie schön ist dann mal ein Tag, an dem der Dax um 1.000 Punkte zulegt. Balsam für die geschundenen Seelen der Anleger. Hoffnung und Gewinne – zumindest für 24 Stunden! Aber wie es aussieht, werden solche Tage in absehbarer Zukunft rar gesät sein.
Doch: Solange die Welt nicht untergeht, werden die Unternehmen auch weiterhin ihre Waren produzieren und Dienstleistungen anbieten. Und nicht alle Unternehmen sind von explodierenden Energiekosten und den Sanktionen gegen Russland gleichermaßen betroffen. Man muss nur mal über den deutschen Tellerrand hinausschauen und sich mit anderen Unternehmen als den heimischen beschäftigen. Die deutsche Brille schadet da nur.
Preissetzungsmacht und „deep pockets“
Für unseren global investierenden Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen sind wir entsprechend weltweit unterwegs und fühlen uns als Businesspicker in einem solchen Markt recht wohl. Hier finden wir Unternehmen, die nur am Rande von Inflation, steigenden Zinsen und dem Krieg in der Ukraine betroffen sind. Als Beispiel kann hier der neuseeländische Seniorenheimbetreiber Ryman Healthcare dienen. Das Unternehmen hat zwar immer wieder mal mit steigenden Löhnen oder einem Fachkräftemangel zu kämpfen. Doch das gehört zum Tagesgeschäft. Aber steigende Zinsen in den USA? Oder globale Lieferengpässe und Chipmangel? Fehlanzeige.
Oder wir finden Unternehmen mit Preissetzungsmacht, die steigende Kosten an ihre Kunden weitergeben können. Hier sind etwa Microsoft, Alphabet mit Google, Netflix oder Amazon zu nennen. Außerdem verfügen all diese Unternehmen über so volle Geldspeicher, dass manche von ihnen einer Bank Konkurrenz machen könnten. Diese „deep pockets“ lassen sie auch nur wenig Angst haben vor steigenden Zinsen, wie sie die US-Notenbank bereits angekündigt hat.
Krisenprofiteur secunet Securities Networks
Aber, um nochmal nach Deutschland zurückzukommen: Auch hier gibt es Unternehmen, deren Geschäftsmodell mehr oder weniger krisenresistent ist. Ein Beispiel dafür ist die Essener secunet Security Networks. Sie bietet ihren Kunden Lösungen rund um IT-Sicherheit und IT-Hochsicherheit an. Und wenn man so will, ist secunet im positiven Sinne auch ein Profiteur des russischen Krieges in der Ukraine. Im Rahmen der Auseinandersetzung des Westens mit Russland rechnen viele Experten damit, dass Moskau verstärkt europäische, aber vor allem auch deutsche Unternehmen mit Cyber-Angriffen überziehen wird, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu schwächen. Ein Umfeld, wie gemacht für die Essener IT-Spezialisten.
Das sind genau die Unternehmen, die wir für das Portfolio des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und unsere anderen Mandate suchen: Firmen, mit einem wirtschaftlichen Burggraben, dem sogenannten „economic moat“, der sie vor Wettbewerbern weitgehend schützt. Unternehmen, die mit ihrer Preissetzungsmacht einen guten Teil der Kosteninflation an ihre Kunden weitergeben können und damit ihre Profitabilität nicht verlieren. In solchen Fällen spielen der Krieg in der Ukraine, Inflation, steigende Zinsen und Lieferengpässe nur eine untergeordnete Rolle.
Frank Fischer, Vorstandsvorsitzender der Shareholder Value Management AG