Bei aller begründeter Sorge um den Zustand der amerikanischen Demokratie, sollte man den Einfluss des US-Präsidenten auf die Kapitalmärkte nicht überbewerten. Beim Thema Wirtschaftspolitik geht die grobe politische Linie bei beiden Kandidaten und Parteien ohnehin in dieselbe Richtung: Mehr Protektionismus, die Förderung der technischen Vorreiterrolle der USA und ein stärkerer Abbau von Abhängigkeiten mit China. Gerade den US-Techsektor, der zuletzt das Marktgeschehen bestimmte, wird die Politik also nicht zu zügeln versuchen, denn weder Trump noch Biden haben ein Interesse daran, die Führungsrolle des US-Technologiesektors zu gefährden.
Ohnehin sind die Republikaner keine Anhänger von Kartellverfahren und politischer Regulatorik des freien Unternehmertums. Unter Trump wird es daher vermutlich auch eher zu einer "Laissez-faire“-Politik, gerade gegenüber der fossilen Energiewirtschaft, kommen. Profitieren könnten auch die traditionellen Industrien wie die Autobauer und die Stahlindustrie. Das Nachsehen hätten dagegen Unternehmen, die aktuell stark von Subventionen profitieren. Betroffen wäre hier vor allem der Bereich „Green Energy“.
Trump als Freihandelsbremse?
Donald Trump hat bereits mehrfach angekündigt, bei einer Wiederwahl die amerikanische Wirtschaft vor billigeren ausländischen Importen schützen zu wollen, unter anderem durch höhere Zölle gegen Importe. Diese würden zwangsläufig zu Vergeltungsmaßnahmen gegen amerikanische Exporte führen. Auch wenn sich Handelsbeschränkungen vor allem gegen China richten werden, könnten viele der exportorientierten Unternehmen in der EU, insbesondere in Deutschland, betroffen sein. Einige EU-Unternehmen bereiten sich bereits auf diese Möglichkeit vor, in dem sie Produktionskapazitäten in den USA auf- oder ausbauen.
Die US-Unternehmen hingegen könnten recht unbeschadet aus einem solchen Konflikt hervorgehen. Sie profitieren im Moment von einer steigenden Binnennachfrage und steigenden Investitionen im Inland. Gerade die konsumnahen Industrien können von einem Aussperren der billigeren ausländischen Konkurrenz profitieren. Langfristig ist und bleibt der freie Handel jedoch ein wesentlicher Bestandteil des internationalen Wettbewerbs.
Gute Geschäftsmodelle schaffen Politikresilienz
Unternehmen, die auf Subventionen und politisches Wohlwollen oder Strafzölle angewiesen sind, um zu überleben, besitzen auch keine guten Geschäftsmodelle. Solche Unternehmen sind für langfristige Investitionen ohnehin nicht attraktiv, unabhängig von der aktuellen politischen Führung. Anleger, die in nachhaltige Wachstumstrends und Unternehmen mit erprobten und funktionierenden Geschäftsmodellen investierten, können sich also trotz aller politischen Widrigkeiten, die eine Trump-Wahl mit sich bringen würde, sicher sein, dass ihr Portfolio optimal strukturiert ist.
Von Dr. Ernst Konrad, Geschäftsführer und Lead-Portfoliomanager bei Eyb & Wallwitz