e-fundresearch.com: In welchen Marktphasen liefern Ihre Strategien besonders gute (relative) Ergebnisse? Was spricht im aktuellen Umfeld für Ihren Investmentansatz?
Boris Jurczyk: Das momentane Umfeld an den Kapitalmärkten ist von einer sehr hohen Unsicherheit bezüglich der weiteren Aktienmarktentwicklung geprägt. Sowohl Crash-Szenarien wie auch Szenarien mit deutlich steigenden Aktienmärkten werden von den sogenannten Experten derzeit am Markt gespielt. Im historischen Vergleich sind die Märkte hinsichtlich der fundamentalen Aspekte sicherlich nicht außergewöhnlich günstig, im Vergleich zum Rentenmarkt jedoch äußerst attraktiv. Es besteht eine gewisse Unsicherheit über den weiteren Kurs der amerikanischen Notenbank, was den kommenden Zinserhöhungszyklus betrifft. In Europa können wir dagegen in nächster Zeit noch mit den Quantitative-Easing-Maßnahmen der EZB rechnen. Wir kämpfen mit hochvolatilen Rohstoffmärkten. Emerging Markets leiden bereits unter dem fehlenden Vertrauen der Investoren in ihre Attraktivität.
Der Vorteil unseres Ansatzes liegt in der jetzigen Marktphase insbesondere in seiner höchstmöglichen Disziplin der Investmententscheidung und der Prognosefreiheit hinsichtlich von Kursvorhersagen.
Da unser Ansatz zunächst auf Risikoaspekten fokussiert, trifft er zurzeit besonders den Nerv der Investoren. Über die Identifizierung von Qualitätsaktien und einer steten Vollinvestition ist das Portfolio gleichzeitig für den nächsten Kursanstieg gerüstet. Die Kombination von Risikoaversion und Qualitätsaktien führt dazu, dass unser Ansatz in anhaltenden Bärenmärkten relativ betrachtet besonders gut abschneidet. So verlor unser Berenberg European Equity Selection im Jahr 2011 erheblich weniger als die Benchmarkindizes. In steigenden Märkten gelingt es uns über die Qualität der Aktien in der Regel mit dem Markt mitzuhalten, solange dieser nicht nach oben übertreibt und Risikoaspekte nahezu völlig ausgeblendet werden. Über dieses asymmetrische Performanceprofil ist der Anleger zurzeit passend aufgestellt – natürlich solange das entsprechende Risikobudget zur Verfügung steht.
e-fundresearch.com: Wo lauern in den kommenden Monaten die größten Herausforderungen und welche generellen Volatilitätsniveaus erwarten Sie im restlichen Jahresverlauf?
Boris Jurczyk: Heutzutage besteht die größte Herausforderung für den Anleger darin, mit der beschriebenen Informationsflut zurechtzukommen und relevante von irrelevanten Informationen zu trennen. Dies betrifft sowohl ökonomische wie auch politische Ereignisse. Das Ergebnis sind hochvolatile Märkte. Letztlich werden die Kurse jedoch oftmals nicht nachhaltig über den Tag hinaus beeinflusst. Hier gilt es zu erkennen, ob sich wirklich ein neuer Trend ergibt oder ob es sich nur um ein zeitweiliges Rauschen der Kurse handelt. Disziplin im Investmentprozess wird umso mehr zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.
Da die US-Notenbank – entgegen mancher Hoffnungen und Erwartungen – die Zinsen im September noch nicht erhöht hat, ist es keine große Kunst vorherzusehen, dass uns dieses Thema im weiteren Jahresverlauf viel Diskussionsstoff liefern und die Märkte prägen wird. Fundamentale Aspekte können hierbei – unberechtigterweise – leicht in den Hintergrund geraten, was erfolgsversprechende Investmentchancen eröffnen kann.
Wie in den vergangenen Jahren muss auch jederzeit mit politischen Ereignissen und Krisen gerechnet werden, die großen Einfluss auf die Märkte nehmen können. Da solche Ereignisse in ihrer Relevanz für die Märkte nicht prognostizierbar sind, sollten sie als potenzielle Risikofaktoren zwar im Hinterkopf behalten werden: Ein Investment kann und sollte jedoch kaum an ihnen ausgerichtet werden.
Die Volatilität an den Märkten wird entsprechend hoch bleiben und nicht mehr vergleichbar sein mit denjenigen Niveaus der Jahre 2013 und 2014. Da die Ertragslage der Unternehmen jedoch vielversprechend ist und sich die Cash-Bestände der institutionellen Investoren auf einem Mehrjahreshoch befinden, sind wir hinsichtlich der weiteren Entwicklung an den Aktienmärkten optimistisch eingestellt und sehen jede Schwäche als attraktive Einstiegsmöglichkeit für den mittelfristig orientierten Investor an. Die Historie zeigt, dass nach einem stürmischen Herbst in der Mehrzahl der Fälle ein versöhnlicher Jahresausklang folgte.
Hinsichtlich der Einzeltitelselektion ist und bleibt die große Herausforderung des Jahres, dass zahlreiche traditionell defensive Aktien bereits nicht mehr günstig bewertet sind. Dementsprechend ist es vorrangige Aufgabe des Fondsmanagements solche Qualitätsaktien zu identifizieren, die noch Mehrwert für das Portfolio bringen können.