Regulatory Corner #6 | Kompakt auf den Punkt – Gedankenanstoß und Orientierungshilfe
verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M, MBA, Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria.
Quasi als vorweihnachtliches Geschenk wurde der Entwurf eines zukünftigen Wagniskapitalfondsgesetzes (WKFG) in Begutachtung geschickt, mit dem die massiven Auswirkungen auf die Liquidität und Solvenz österreichischer Unternehmen durch Bereitstellung von Eigenkapital sowie neue Formen der Unternehmensbeteiligung abgefedert werden sollen. Das dazu angedachte Vehikel ist ein sogenannter Wagniskapitalfonds (WKF), der in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft einen geschlossenen Alternativen Investmentfonds (AIF) konstituiert.
In der Tradition des allgemeinen AIF-Rahmenwerks fügt sich der vorgeschlagene WKF auf den ersten Blick harmonisch ein, da das WKFG keine Produktregulierung vorsieht, sondern an sich nur den rechtlichen Rahmen für die Errichtung eines WKF vorgibt. Da es sich – im Gegensatz zu den bisher vorherrschenden Arten von Investmentfonds in Österreich – beim WKF aufgrund der fehlenden Rückgabemöglichkeit um einen dezidiert geschlossenen AIF handelt, ist vorgesehen, dass dieser aufgrund mangelnder Liquidität sowie des erhöhten Veranlagungsrisikos nur an professionelle Kunden vertrieben werden soll. Diesbezüglich werden institutionelle Anleger sowie die qualifizierten Privatkunden im Sinne des §2 Abs. 1 Z 42 AIFMG genannt. Dies erscheint zweckmäßig, da somit auch das Begriffs-Wirrwarr zwischen professionellen und institutionellen Kunden weitestgehend MiFID II-kompatibel abgebildet ist. Weiters gefällt, dass der Gesetzgeber neben der im Begutachtungsentwurf ausführlich dargelegten regulatorischen Komponente hinsichtlich der Ausgestaltung eines WKF auch zumindest grundsätzlich dessen steuerliche Behandlung adressiert hat, indem durch die vorgeschlagenen Anpassungen des EStG das Vorliegen eines öffentlichen Angebots (trotz eingeschränkten Vertrieb eines WKF an primär professionelle Kunden) für die Zwecke der Anwendung eines Sondersteuersatzes fingiert wird, wenn es sich um Erträge aus öffentlich angebotenen Anteilen oder Anteilscheinen an einem Investmentfonds oder Immobilieninvestmentfonds handelt.
Inhalt des vorgeschlagenen WKFG
Das vorgeschlagene WKFG besteht aus 27 Paragraphen, die in einer an sich klaren und logischen Struktur abgebildet sind. Neben den allgemeinen Bestimmungen betreffend Gegenstand und Zweck des WKFG wird in §3 WKFG klargestellt, dass es sich bei einem WKF um einen besonderen AIF handelt, da grundsätzlich die Bestimmungen des AIFMG auf diesen anzuwenden sind.
Ein WKF ist gem. §4 Abs. 1 WKFG von einem AIFM zu verwalten und darf nur in Form eines Investmentfonds geschlossenen Typs gem. der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 694/2014 errichtet werden, wobei er den Veranlagungsbestimmungen des §5 WKFG zu entsprechen hat und in der Rechtsform einer AG gem. §9 WKFG zu errichten ist. Die AG darf nur Namensaktien gem. §10 WKFG ausgeben und die Satzung hat den Anforderungen des §11 WKFG zu entsprechen. Zudem muss die Laufzeit eines WKF zwischen fünf und zwanzig Jahren liegen und entsprechend in den Fondsbestimmungen determiniert werden.
Da es sich bei einem WKF um eine AG handelt, hat diese einen Vorstand gem. §12 WKFG sowie einen Aufsichtsrat gem. §13 WKFG zu haben, wobei die tatsächliche Verwaltung vom AIFM iSd §15 WKFG vorzunehmen ist.
Die Fondsbestimmungen eines WKF haben gem. §16 WKFG mindestens die Laufzeit, die Vergütung des AIFM für die Verwaltung des WKF, sonstige vom WKF zu tragende Kosten, die Ausgabe der Aktien, die Rechte der Aktionäre, die laufenden Informationen der Aktionäre, Regelungen zur Bewertung des veranlagten Vermögens, die Anteilsklassen des WKF, dessen Anlagerichtlinien, sowie Regelungen zur Kreditaufnahme, der Abwicklung des WKF sowie zur Kündigung bzw. Übertragung der Verwaltung zu beinhalten.
Vor diesem Hintergrund versteht sich der WKF grundsätzlich als – lange vermisste – österreichische Nachbildung einer Investmentaktiengesellschaft deutschen Vorbilds bzw. einer Société d’ Investissement á Capital Variable (SICAV), die aus Luxemburg bekannt ist. Dies ist grundsätzlich sehr löblich und standortpolitisch notwendig, da Österreich bis dato einer jener EU-Mitgliedstaaten war, der bisher gesellschaftsrechtliche Fondskonstruktionen nicht kannte.
Nachdem der Entwurf für das WKFG derzeit in Begutachtung ist, bedarf es zuerst des Abwartens etwaiger Änderungen im Begutachtungsverfahren, bevor eine finale Bewertung des WKF vorgenommen werden kann. Nichtsdestotrotz ist jetzt schon klar, dass der WKF eine äußert spezifische AIF-Ausprägung sein wird, sodass es wohl von Industrie- und vor allem Aufsichtspraxis abhängen wird, ob der WKF in Österreich letztendlich zum Erfolgsmodell wird.
Materielle Anpassung im InvFG 2011
Neben dem WKF sieht der Entwurf des WKFG auch eine materielle Änderung des InvFG 2011 vor, indem es Spezialfonds, die als Andere Sondervermögen gem. §166 InvFG 2011 ausgestaltet sind, ermöglicht werden soll – in eingeschränktem Maße – illiquide Vermögenswerte zu erwerben, um so die Finanzierung von KMU durch institutionelle Investoren zu erleichtern.
Angesichts der vorgeschlagenen Anpassungen des österreichischen Investmentfondsrechts durch den Entwurf des WKFG ist somit festzuhalten, dass es sich seit langem um eine progressive Entwicklung desselben handelt, die aber schon längst überfällig ist, um die Asset Management-Industrie in Österreich zu stärken.
Regulatory Corner | Kompakt auf den Punkt – Gedankenanstoß und Orientierungshilfe
Über den Autor: Prof. (FH) Dr. Armin Kammel, LL.M., MBA ist Professor (FH) für Bankrecht und Finanzmarktregulierung an der Lauder Business School (LBS) in Wien sowie Senior Manager im Bereich Financial Services Advisory bei KPMG Austria. Prof. (FH) Dr. Armin Kammel ist zudem allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger im Fachbereich Kredit, Banken, Börsen sowie Autor zahlreicher Publikationen zu bank-, kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Themen im In- und Ausland.
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