Nachgefragt | ESG-Investments & COVID-19: Wachstumsturbo oder Dämpfer? (Teil 4 von 4)

Für die neueste Ausgabe von #Nachgefragt hat sich e-fundresearch.com bei Produktanbietern umgehört, wie sich die COVID-19 Krise bislang auf das Marktwachstum und die generelle (Investoren-)Akzeptanz von ESG-Investing-Ansätzen auswirkt. Research | 22.05.2020 16:00 Uhr
© Unsplash / e-fundresearch.com
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Einfluss der COVID-19 Krise auf das Marktwachstum und die Verbreitung von ESG-Investments

Seit mittlerweile mehr als zwei Monaten hält uns die Coronavirus-Krise mit all ihren Nebenschauplätzen auf Trab: Kein Wunder, dass in einem derartigen Umfeld viele vormals öffentlich stark thematisierte und wahrgenommene Trends überschattet oder - rein subjektiv betrachtet - sogar gänzlich zum Erliegen gekommen sind. 

Immer wieder wird in der öffentlichen Debatte befürchtet, dass auch Nachhaltigkeitsagenden & Projekte durch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus ins Hintertreffen geraten könnten: Ein Bedenken, dass auch auf den zuletzt stark wachsenden Bereich des ESG-Investings zutrifft? Einerseits kann argumentiert werden, dass ESG-Ansätze schon allein aufgrund der tendenziellen Untergewichtung von CO2 intensiven Öl-Titeln oder Fluglinien im jüngsten Bärenmarkt einen Mehrwert darstellen konnten, andererseits mag es auch durchaus einleuchten, dass Investoren im aktuellen Umfeld möglicherweise keine Ressourcen für ESG-Integrationsprojekte aufbringen können oder möchten.

Um konkrete Praxiseinblicke zu erhalten, hat sich e-fundresearch.com bei Produktanbietern umgehört, ob und in welchem Ausmaß sich die COVID-19 Krise denn bislang auf das Marktwachstum und die generelle (Investoren-)Akzeptanz von ESG-Investing-Ansätzen auswirken konnte. Hierfür wurden die Umfrageteilnehmer mit folgenden Fragestellung konfrontiert:

Die Frage der aktuellen Ausgabe von #Nachgefragt:

"Jetzt erst recht" vs. "keine Zeit für neue Projekte": Wie wirkt sich die Coronavirus-Pandemie Ihrer Ansicht nach auf das Marktwachstum und die Akzeptanz von ESG-Investments aus? Welche Reaktionen beobachten Sie mit Blick auf Ihre Investorenkontakte?

Aufgrund der hohen Anzahl der erhaltenen Statements hat sich die e-fundresearch.com Redaktion dazu entschlossen, die Veröffentlichung auf insgesamt vier Zitatgalerien aufzuteilen, die jeweils im Tagesintervall auf unserer Website & Newsletter publiziert werden. Auf Teil 4 von 4 können Sie nachfolgend zugreifen:

Zum Navigieren innerhalb der Zitatgalerie können auch die Pfeiltasten ← → eingesetzt werden, auf Mobilgeräten können Sie nach belieben "swipen": 

Andreas Knörzer, Vice-Chairman von Vontobel Asset Management und Chairman des ESG Investment Governance Committee
© Vontobel Asset Management

Andreas Knörzer, Vice-Chairman von Vontobel Asset Management und Chairman des ESG Investment Governance Committee

Die COVID-19-Krise wird die Akzeptanz und Nachfrage nach ESG-Investments nicht negativ beeinträchtigen - im Gegenteil. Dafür sorgt in Europa schon alleine die kommende EU-Regulierung, welche bisher ungebremst voranschreitet. Daher dürften thematische Anlagelösungen bei Anlegern weiterhin auf steigendes Interesse stoßen. Beispiele sind Investitionen in die Gewinner des Lockdowns oder Themen wie IT, virtuelle Freizeit, Online-Handel und Hybrid-Learning. Aber auch thematische "Evergreens" wie Wasserinvestments bleiben attraktiv. Die klassische Integration von ESG-Aspekten in den Anlageentscheidungsprozess ist gerade jetzt besonders wichtig, denn viele Themen mit ESG-Bezug werden über den Anlageerfolg entscheiden. Aus Risikoüberlegungen stellt sich die Frage, wie sich Unternehmen bezüglich ihren Mitarbeitern, der Transparenz bei der Entgegennahme von staatlichen Mitteln und innovativen Lösungen für Kunden in der Krise verhalten. Auch auf Länderbasis hat sich gezeigt, dass Länder mit stabilen Institutionen und einem guten Gesundheitswesen die Krise besser gemeistert haben und damit wohl auch im Vergleich weniger Mittel werden aufwenden müssen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Keimpe Keuning, Executive Director, ESG Private Equity, LGT Capital Partners
© LGT Capital Partners

Keimpe Keuning, Executive Director, ESG Private Equity, LGT Capital Partners

Themen wie Gesundheit und Sicherheit, Lieferketten und stabile Arbeitsplätze sind zentrale ESG-Aspekte und stehen auch im Fokus im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise. Die rasche Urbanisierung und Industrialisierung haben Ökosysteme zerstört, gleichzeitig beschleunigt sich der Klimawandel und die Biodiversität nimmt ab. All diese Entwicklungen haben ideale Voraussetzungen für eine globale Pandemie geschaffen. Unterdessen haben sich Regierungen auf der ganzen Welt zu Konjunkturprogrammen in Billionenhöhe verpflichtet. In vielen Ländern wird gefordert, Nachhaltigkeitsziele in diese Konjunkturprogramme zu integrieren, um sicherzustellen, dass das Geld sozial- und umweltverträglich eingesetzt wird. Solche Initiativen stellen in Aussicht, dass ESG und Klimawandel ganz oben auf der politischen Agenda stehen werden, was Chancen für nachhaltige Investitionen aufrechterhalten oder sogar steigern kann. Anleger können damit aktiv dazu beitragen, die wirtschaftliche Erholung langfristig und nachhaltig zu gestalten. Seit einigen Jahren beobachten wir ein wachsendes Interesse institutioneller Investoren an der Integration von ESG-Kriterien, das vermutlich weiter zunehmen wird.
Nima Pouyan, Head Invesco ETF Switzerland & Liechtenstein, Invesco
© Invesco

Nima Pouyan, Head Invesco ETF Switzerland & Liechtenstein, Invesco

Bei Invesco dominiert Zuversicht und Weitsich für die Zeit nach Corona. ESG war vor der Pandemie ein Fokusthema und wird es auch bleiben. ESG hat starke Nettomittelzuflüsse generiert und zählt bei den Investoren zu den prägenden Themen. Investoren verfolgen das Ziel, in Zukunft traditionelle Benchmarks durch ESG Benchmarks auszutauschen, die ein geringeres Tracking aufweisen. Wir haben nicht nur die Weiterentwicklung von ESG ETFs in Obligationen und Multi Faktor forciert, sondern explizit ETFs lanciert, die es erlauben, traditionelle Benchmarks durch ESG auszutauschen. Der Vorteil liegt neben der Nachhaltigkeit auch in der Risikoreduzierung. Dies war in den letzten Wochen zu erkennen, als die Märkte von erhöhter Volatilität dominiert wurden. Die Risikoreduzierung kommt einher mit einem geringen Tracking Error und keinem Aufpreis in den Gebühren vs traditionellen Benchmarks. Beim synthetischen S&P 500 ESG kommt hinzu, dass Invesco den Brutto Index repliziert und keine US Quellensteuer auf den Dividenden anfällt, was eine Performanceverbesserung bedeutet. In Zukunft sehen wir weitere ESG ETF Lancierungen bei Invesco und erwarten, dass sich die ESG-Entwicklungen verstärken werden.
Charlie Thomas, Head of Strategy, Environment & Sustainability, Jupiter Asset Management
© Jupiter Asset Management

Charlie Thomas, Head of Strategy, Environment & Sustainability, Jupiter Asset Management

Eine wichtige Investorenfrage ist, ob Nachhaltigkeitsthemen angesichts der aktuellen Krise in den Hintergrund treten werden. Auf kurze Sicht gibt es keine Schwarz-Weiß-Antwort. Niedrigere Kohlepreise in der EU, verzögerte Auktionen für erneuerbare Energien, die Verschiebung der UN-Klimakonferenz und das Drängen von Präsident Trump, die US-Kraftstoffeffizienznormen zurückzunehmen, signalisieren das Gegenteil. Die EU hat jedoch deutlich gemacht, dass sie die COVID-19-Wiederauffüllungspläne an ihren ehrgeizigen "Green Deal"-Rahmen anpassen will. Saubere Energieprojekte werden immer noch finanziert und China hat seinen Ausstieg aus der Elektrofahrzeug-Subventionierung verzögert. Längerfristig können wir positiver gestimmt sein: Der Fokus wird sich von Kurzfristigkeit und Krisenmanagement auf Langfristigkeit und Verantwortung verlagern. Der Blick auf wirtschaftliche Stabilität wird die wachsenden Nachhaltigkeitsherausforderungen nicht ignorieren können. Dieses Umfeld wird wohl weiterhin jahrzehnteübergreifende, multithematische Chancen für Unternehmen und Investoren stützen. Aus der Investitionsperspektive müssen wir uns sowohl auf die kurze als auch auf die lange Sicht konzentrieren.
Thorben Pollitaras, Geschäftsführer, Managing Director der Comgest Deutschland GmbH
© Comgest

Thorben Pollitaras, Geschäftsführer, Managing Director der Comgest Deutschland GmbH

Wir haben bereits vor der Corona-Krise und dem Markteinbruch im März eine ansteigende Nachfrage nach ESG-bezogenen Informationen gesehen. Es gab zuletzt kaum noch Mandate, bei denen das Thema keine Rolle gespielt hätte. Auch der Informationsbedarf zu den ESG-Bewertungen einzelner Unternehmen in unseren Portfolios hat deutlich angezogen. Für viele unserer Investoren war dabei sicher ausschlaggebend, dass immer mehr Studien Anlagestrategien, die ESG-Aspekte berücksichtigen, zumindest eine Performanceneutralität bescheinigen. Die ESG-Analyse ist bei Comgest integraler Bestandteil des Managements und des Risikomanagements. Die Marktturbulenzen, die im Zuge der Ausweitung der Pandemie im März aufgetreten sind, haben einmal mehr den entsprechenden Nachweis geliefert, denn in den meisten Fällen waren die Drawdowns unserer Strategien geringer als die Drawdowns der jeweiligen Benchmarks. Das ist auch auf die konsequente Einbeziehung von ESG-Merkmalen in die Unternehmensanalyse zurückzuführen. Insofern ist die Corona-Krise bislang eher ein Katalysator für die Wahrnehmung der Wertentwicklung und auch die Nachfrage nach ESG-bezogenen Investments.
Agnès Belaisch, Managing Director und Chief European Strategist, Barings Investment Institute
© Barings Investment Institute

Agnès Belaisch, Managing Director und Chief European Strategist, Barings Investment Institute

The pandemic will accelerate corporate efforts toward ESG alignment in several ways. First, the lockdowns necessary to arrest the spread of the virus highlighted the importance of valuing key jobs correctly. Social practices at the bottom of the pay scale will likely improve. There will be a call for devising new labour and employment policies. Also, healthy and sound working conditions will be more important than ever for companies to restart their activity. Second, the quality of governance during the period of lockdown, with staff working from home, will signal which companies will be most able to attract talent in the future. Also, the speed at which it will be able to recover will all but depend on the ability of management to coordinate and guide the process. Third, our relationship with the environment may have become more acute during the crisis. The world came to a halt to protect human life. Car and plane traffic vanished, factories closed down, and skies cleared. There was some pleasure in this. Firms that are well-equipped in the E, S and G areas will perform better in the post-COVID world, and investors in those firms will directly perceive the benefit of ESG investments.
Oliver Plein, Head of Investment Specialists Active Equity, DWS
© DWS

Oliver Plein, Head of Investment Specialists Active Equity, DWS

Die Corona-Krise war für die meisten ESG-Fonds die erste richtige Bewährungsprobe. Sie wurde sehr gut bewältigt. Nahezu alle ESG-Fonds konnten sich einer Analyse von Morningstar zufolge besser entwickeln als traditionelle Fonds, auch bei der DWS. Zurückzuführen ist dies nicht nur auf Sektorausschlüsse wie Energie, sondern auch auf einen gewissen ESG-Faktor, sprich besserer Fundamentaldaten und einer langfristigeren Ausrichtung von Unternehmen mit hoher ESG-Qualität. Darüber hinaus könnten nachhaltige Strategien durch die gesellschaftliche Neubewertung des Verhältnisses von Ökonomie und Ökologie – auch im Hinblick auf die milliardenschweren Corona-Konjunkturprogramme – gestärkt aus der Pandemie hervorgehen. In vielen Regionen besteht die Idee, den Umbau der Wirtschaft möglichst umweltfreundlich zu gestalten. Auch die Dekarbonisierung der Welt bleibt ganz oben auf der Agenda. Die weiter voranschreitende Regulatorik in Europa wird zudem weiter für ein stark überdurchschnittliches Wachstum sorgen, zumal auch Investoren erkannt haben, dass der Focus auf ESG nicht mit Renditeeinbußen einhergeht.

Teil 4 von 4 mit Statements von Vontobel Asset Management, LGT Capital Partners, Invesco, Jupiter Asset Management, Comgest, Barings Investment Institute und DWS.

Auf die weiteren Teile von "Nachgefragt | ESG-Investments & COVID-19: Wachstumsturbo oder Dämpfer?" können Sie nachfolgend zugreifen:

ÜbrigensVergangene Ausgaben von e-fundresearch.com-#Nachgefragt finden interessierte LeserInnen nachfolgend verlinkt:

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