3.) Die türkische Notenbank im Dilemma zwischen Politik und Ökonomie
Die Türkei glänzt mit dem stärksten BIP-Wachstum in Europa seit der Lehman-Krise. Laut Moody´s wird die Türkei in diesem Jahr unter den 20 größten Volkswirtschaften der Welt den 5. Platz beim BIP-Wachstum belegen. Im 2. Quartal stieg das BIP bereits wieder um 4,4% ggü. dem Vorjahr (getrieben von einer starken verarbeitenden Industrie und dem Dienstleistungssektor). Der Einkaufsmanagerindex stieg im September steil an – von 50,9 auf 54. Im Oktober stabilisierte sich der Index bei 53,3. Nachdem das Wirtschaftsministerium bis vor kurzem von einem Wachstum im Bereich von 3% ausgegangen war, wird nun mit fast 4% gerechnet. Unterstützung kommt dabei vor allem durch die schwache türkische Lira, die die Exporte weiter vergünstigt. Dieses positive Bild wird durch die weiterhin stabile makroökonomische Situation im Bereich des Haushaltsdefizits und der Staatsverschuldung bestätigt, die jedoch insbesondere seit Mai dieses Jahres von dem übergeordneten hohen Leistungsbilanzdefizit überschattet werden. Sofern sich der heimische Konsum in 2014 weiter erholt, dürfte sich dieses auf ca. 7,5% des BIP ausweiten. Das hohe Leistungsbilanzdefizit bleibt neben der Inflation der wesentliche strukturelle Schwachpunkt der Türkei. Die Inflationsrate liegt seit einiger Zeit über 7%, darüber hinaus steigt seit kurzem auch die Kerninflation, was auf die starke TRY-Abwertung zurückzuführen ist.
Im Umfeld dieser massiven Marktturbulenzen seit Mai 2013 hat die türkische Notenbank (CBT) nur bedingt erfolgreich agiert, die Märkte zu beruhigen und Vertrauen zurückzugeben. Möglicherweise wird die CBT allerdings andere quantitative Maßnahmen ergreifen (z.B. Anpassungen der Mindestreservesätze), da die Kredite inzwischen wieder mit einem Wachstum von 30% ggü. Vj. zulegen. Darüber hinaus wird sie voraussichtlich weiterhin unorthodoxe ad hoc Maßnahmen zur Straffung der Geldpolitik vornehmen, um die türkische Lira bei einer fortgesetzten Schwäche zu stabilisieren.
Mag. Gökhan Kula, CFA, FRM | Managing Partner, CIO von MYRA Capital
Gökhan Kula ist Gründungsmitglied und Geschäftsführer der Investment Boutique MYRA Capital. Er ist Kapitalmarktexperte mit mehr als zwölf Jahren Erfahrung in der Investmentbranche. Nach unterschiedlichen leitenden Positionen im Bereich Asset Management der Walser Privatbank AG wurde er mit Gründung der Walser Privatbank Invest S.A. zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Des Weiteren war er Verwaltungsratsmitglied verschiedener Luxemburger Investmentgesellschaften. Als Fondsmanager kann er einen sehr erfolgreichen Track Record vorweisen, der durch internationale Auszeichnungen bestätigt wird.
Über MYRA Capital
MYRA Capital ist eine unabhängige und inhabergeführte Investmentgesellschaft mit Schwerpunkt auf institutionelle Kapitalanleger. Der Fokus der Advisorytätigkeit liegt auf effizienten, systematischen und regelbasierten Investmentstrategien. Sie ist spezialisiert auf dynamische, risikokontrollierte und quantitative Asset Allocation Strategien und bietet ihre Beratungsdienstleistung international an.
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