Aktuelle Frage im Economics Forum:
„Auf welchem Fundament steht eine mögliche Leitzinswende in den USA und welche (realistischen) Entwicklungen könnten Janet Yellen dazu veranlassen 2015 doch keine Zinserhöhungen durchzuführen?“
Current Question in the Economics Forum:
“To what extent is the economic foundation of the USA supporting a potential interest-rate hike and which (realistic) headwinds could force Janet Yellen not to raise rates in 2015?”
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Tobias Schafföner, Research Analyst, Flossbach von Storch AG (25.03.2015):
"Janet Yellen hat nach der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses ihre „Forward Guidance“ angepasst: Erst wenn die Datenlage es zulasse, werde die Fed die Zinsen erhöhen.
Der Blick auf die Inflationsraten signalisiert keinen Handlungsbedarf für dieses Jahr: Das von der Fed betrachtete Inflationsmaß stieg zuletzt nur um 0,2%. Erst 2016, wenn sich der Ölpreisbasiseffekt reduziert, kann man mit einem Anstieg in Richtung der Zielgröße von 2% rechnen.
Bleibt wegen des dualen Mandats der Fed der Arbeitsmarkt: Es werden viele Stellen neu geschaffen, die Arbeitslosenquote ist auf 5,5% gesunken; aber auch der Anteil derjenigen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, sinkt kontinuierlich. Dieser Effekt, der strukturelle und zyklische Gründe hat, ist relevant: Läge die Partizipationsrate auf dem Niveau von 2008 und damit drei Prozentpunkte höher als heute, wäre die Arbeitslosenquote ceteris paribus um drei bis vier Prozentpunkte höher. Trotz dieser Einschränkung verbessert sich die Lage am Arbeitsmarkt stetig – die Beschäftigungssituation scheint damit ein höheres Zinsniveau zu rechtfertigen, obwohl die bisher eher mäßigen Lohnsteigerungen noch keinen Inflationsdruck erzeugen.
Der Drang nach einer Zinserhöhung ist eher als Wunsch nach „geldpolitischer Normalisierung“ zu verstehen. Die USA sind aber keine Insel im globalen Niedrigzinsumfeld – auch in Frankfurt wird die Geldpolitik der Fed mitbestimmt. Die Aufwertung des US-Dollar in den vergangenen Monaten ist deshalb nicht nur bedingt durch die konjunkturelle Entwicklung in den USA, sondern auch abhängig von der divergierenden Geldpolitik. Neben der EZB haben viele weitere Notenbanken seit Jahresanfang ihre Geldpolitik gelockert. Die angeführten Argumente bezogen sich oft auf einen als zu fest empfundenen Wechselkurs der jeweiligen Währungen.
Auch wenn der Außenwert der Währung für die USA weniger relevant ist als für die exportabhängige Eurozone, würden zu frühe oder zu deutliche Zinsanhebungen die US-Wirtschaft nicht nur direkt (z.B. über eine Abkühlung des Immobilienmarkts), sondern auch indirekt (über den Wechselkurs) belasten. Die regelmäßig vom Offenmarktausschuss der Fed veröffentlichten Prognosen über zukünftige Zinsentwicklungen kann man deshalb getrost als Wunsch betrachten, der in der Realität nicht erfüllt werden wird: Einzelne Zinsschritte, deren Auswirkungen genau beobachtet werden, sind in den nächsten Monaten durchaus möglich – eine Federal Funds Rate, die sich in wenigen Jahren wieder der traditionell von der Fed angenommenen „Normalität“ von 4 Prozent annähert, sollte man als unrealistisch ausschließen."